Adresse: Upper Mothithang, Thimphu, Bhutan
Mitarbeiter/innen: Franz Leuthner, Katharina Egger, Urs Bette, Marlis Schober, Florian Schafschetzy
BauherrIn: Ministery of economic affairs
Konstruktion: 2007-2010

 

Ein Gemeinschaftsprojekt des Königreichs Bhutan und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

Kontext

Bhutan hat sowohl im seinem 9. sowie 10. Fünfjahresplan (2008-2013) die Entwicklung eines sozial verantwortlichen sowie ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Tourismus, der zur Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätzen, zur Steigerung der Deviseneinnahmen und zur Reduktion von Armut in ländlichen Gebieten beiträgt, als Priorität festgelegt. 1985 besuchten 2000 Touristen Bhutan, 2007 stieg die Zahl auf 21.000 Touristen. Der 10te Fünfjahresplan sieht eine graduelle Erhöhung auf bis zu 100.000 Touristen pro Jahr vor. Aufgrund der ähnlichen topographischen Gegebenheiten und der langjährigen und weitreichenden Erfahrung Österreichs im Bereich Tourismus hat Bhutan Österreich bewusst als Kooperationspartner für den Tourismussektor gewählt.
Die Errichtung und der Betrieb des „Hotel und Tourismus Management und Training Instituts“ ist Teil des bhutanischen Tourismusmasterplanes, der die Rahmenbedingungen für die nachhaltige Tourismusentwicklung festlegt. Diese Ausbildungsstätte soll einen innovativen Beitrag zum Aufbau des sanften Tourismus in Bhutan leisten.
Die ebenfalls zum Gesamtprojekt gehörende Ausbildungskomponente (Ausbildung von hauptamtlichen und nebenberuflichen Lehrkräften für das HTMTI, Entwicklung von Lehrplänen und Lehrmaterialien, technischen und organisatorischen Unterstützung) wird parallel durch die ARGE Tourismus Salzburg (bestehend aus Fachhochschule Salzburg, Verein der Tourismusschulen Salzburg und Akademie Schloss Urstein Privatstiftung) betrieben und soll Bhutan ermöglichen, das Programm eigenständig weiterführen und weiterentwickeln zu können. Das erste Schuljahr wurde im August 2010 gestartet.

Projektbeschreibung

In den Jahren 2002 und 2003 wurden in Kooperation zwischen dem Tourismusministerium und dem österreichischen Koordinationsbüro in Thimphu Machbarkeitsstudien durchgeführt. Schließlich entschied sich die Regierung, ein ausgedientes, Anfang 1970 erbautes ehemaliges Hotel für das Institut umzubauen und am parkartigen Gelände ein Trainingshotel mit 20 Zimmern sowie ein neues Veranstaltungsgebäude für Veranstaltungen bis zu 250 Personen zu errichten. Im Bestandsgebäude (Schule, Verwaltung und Studentenheim) wurden 6 Klassenräume, eine Lehr- und Profiküche und die notwendigen Verwaltungs- und Arbeitsräume sowie Technikzentralen untergebracht. Im Studentenheim wurde Platz für 90 Studierende geschaffen.

Die Sanierung und Adaptierung der bestehenden Bausubstanz und die beiden Neubauten können als Musterbeispiele von drei unterschiedlichen Verbesserungsstufen in Bezug auf Energieeffizienz und Bautechnologie gelten, welche auch schrittweise mit den Elementen der traditionellen bhutanischen Architektur in Einklang gebracht werden. Die verwendeten Baustoffe richten sich nach ökologischen Vorgaben – es werden bevorzugt erneuerbare, natürliche sowie in der Deponierung umweltfreundliche Baumaterialien verwendet.

Das Trainingshotel wird nach Niedrigstenergiestandards errichtet, wobei die normativen Rahmenbedingungen für die Ermittlung erforderlicher Dämmstärken auf die unterschiedlichen klimatischen Umstände durch eine begleitende wissenschaftliche Studie überprüft wurden und entsprechende Rechenmodelle entwickelt wurden. Das architektonische Gestaltungsprinzip orientierte sich am Vorbild der bhutanischen Bauernhäuser, welche kompakte, gedrungene Kerne aus Lehm oder Mauerwerk aufweisen, an die je nach Bedarf hölzerne Balkone und Veranden angehängt wurden.

Über diesem Raumkonvolut schwebt ein für die Monsunmonate konzipiertes weit auskragendes Dach, unter dem man sich im Sommer während der wiederkehrenden Regenschauer aufhalten kann. Die Nutzung der Sonnenergie, die in Bhutan vor allem im Winter im Gegensatz zu Europa nahezu uneingeschränkt zur Verfügung steht, wird durch die Südausrichtung und Differenzierung der Fensteröffnungen gewährleistet. Die Beheizung erfolgt durch in Bhutan neue Wand- und Fußbodenheizungssysteme, für deren Versorgung Solarkollektoren installiert werden. Da das HTMTI als Gesamtprojekt und das HTMTI Hotel im Speziellen eine prototypische Funktion hat, waren die einzelnen Maßnahmen auf die in Bhutan beschränkt verfügbaren Baumaterialien und an die jeweiligen handwerklichen Standards anzupassen. und Die Projektumsetzung musste mit einfachen Mitteln und unabhängig von der Funktion des Gebäudes erfolgen, um auch auf andere Bauwerke anwendbar zu sein. So wurden etwa aufgrund der nur eingeschränkten Verfügbarkeit von harten Dämmmaterialien und der traditionell aufwändigen Außendekorationen unterschiedliche Wandsysteme entwickelt: Nordseitig kam ein gedämmtes zweischaliges Mauerwerk zum Einsatz, südseitig wurde ein Holzleichtbausystem mit hinterlüfteter Holzschalung verwendet.


Für die Energieversorgung der auf einem weitläufigen parkähnlichen Grundstück gelegenen Gesamtanlage mit Institut, Internat, Veranstaltungsgebäude und Traininghotel wurde eine eigenes Heizhaus mit Wasseraufbereitungsanlage errichtet, welche mit 2 Biomassekesseln (je 180 kW) inkl. Lagerraum für Hackgut ausgestattet ist. Am Hauptgebäude der Schule wurde ebenfalls eine Solaranlage installiert, welche für die Warmwasserbereitung herangezogen wird. Ebenso am Gelände gebaut wurde eine Abwasserbehandlungsanlage errichtet.

Die architektonische und technische Planung sowie die Erstellung der gesamten Ausschreibungsunterlagen wurde von einem österreichische Konsulententeam in Kooperation mit einem bhutanischen und einem indischen Partnerbüro durchgeführt, teilweise wurden aber auch Gerätschaften und Maschinen für die Küche, IT-Technologie und energiesparende Komponenten für Lüftung, Heizung, Heiß- und Abwasser aus Österreich geliefert. Die gesamte Projektdauer von vier Jahren war geprägt von einer intensiven Zusammenarbeit zwischen österreichischen und bhutanischen Projektpartner, insbesondere durch die Unterstützung der lokalen Bauleitung und des Projektmanagements durch österreichische Expertinnen und Experten. Dadurch fand und findet auch ein massiver Know-how- und Technologietransfer statt, der dem Tourismus in Bhutan zu einem Qualitätssprung verhelfen soll und sich auch positiv auf die Qualität im Bauwesen auswirken wird. Gleichzeitig erfolgte aber auch ein für die österreichische Seite bedeutsamer und für die Zukunft wertvoller Erkenntnisgewinn in Hinblick auf spezifischen kulturellen und technischen Herausforderungen bei Projekten in der Himalayaregion.

Neben der umfassenden Verbesserung der Aus- und Weiterbildung für touristische Berufe und der Hebung der touristischen Attraktivität Bhutans leistet dieses Projekt einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des privaten Wirtschaftssektors auf der Basis umweltfreundlicher Technologien. Damit wird eine Verbesserung der Lebensbedingungen weiter Bevölkerungsteile Bhutans und eine am Leitbild der Nachhaltigkeit orientierte wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich unterstützt.

 

Photos: Hertha Hurnaus